Lackenbach: Gedenken beim Mahnmal für Roma und Sinti
In der mittelburgenländischen Gemeinde Lackenbach (Bezirk Oberpullendorf) erinnert ein Mahnmal an das furchtbare Schicksal, das die Roma und Sinti unter der Nazi-Herrschaft in Österreich erlitten. Damit soll die Geschichte der in Lackenbach inhaftierten Roma und Sinti nicht in Vergessenheit geraten.
Schülerinnen und Schüler der 6A BORG Oberpullendorf mit Ehrengästen.
© Kulturverein österreichischer Roma
Am Samstag, 15. November 2025 fand an diesem Ort die alljährliche Gedenkveranstaltung statt. Der Lackenbacher Bürgermeister Christian Weninger begrüßte neben den Gedenkrednern weiters Landtagspräsidentin Astrid Eisenkopf, die Vorständin des Nationalfonds der Republik Österreich Judith Pfeffer, den Roma-Volksgruppenberatsvorsitzenden Emmerich Gärtner-Horvath, sowie Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Kirche, Diplomatie, Exekutive, Bundesheer, Roma-Organisationen und den anderen autochthonen Volksgruppen.
Vor mehr als 15 Jahren war Bundesministerin Sporrer als Beamtin im Bundeskanzleramt mit der Umsetzung der EU Roma-Strategie betraut.
© Kulturverein österreichischer Roma
Deutliche Worte der Ministerin
Bundesministerin für Justiz Anna Sporrer unterstrich die Verantwortung für Erinnerungsarbeit: "Lernen aus der Geschichte ziehen kann freilich nur, wer die Geschichte kennt." Gerade weil immer weniger Zeitzeugen vom erlebten Schrecken berichten könnten, sei die Auseinandersetzung künftiger Generationen mit der Geschichte umso wichtiger. Sie würdigte die Überlebenden des Lagers Lackenbach, darunter den Gründer des Kulturvereins österreichischer Roma Rudolf Sarközi, der hier geboren wurde, sowie Karl Stojka und Ceija Stojka, die durch ihr aktivistisches und künstlerisches Schaffen die Geschichte der Roma und Sinti in die Welt hinausgetragen haben.
Schwindendes Demokratievertrauen
Landesrat Heinrich Dorner warnte vor einem schwindenden Vertrauen in die demokratischen Werte Europas. Er verwies auf einen Bericht, dem zufolge in vielen westeuropäischen Ländern der Glaube an die Demokratie abnimmt und die Werte auf einem Tiefstand angekommen sind. "Solche Situationen sind ein Nährboden für die, die keine Lösungen suchen, sondern Schuldige suchen." Er forderte soziale Gerechtigkeit und Dialog statt Konflikt: "Besonders in Zeiten globaler Vernetzung und sozialer Medien sei Achtsamkeit im Umgang mit Informationen geboten."
Ort der kollektiven Erinnerung
Christian Klippl, Obmann des Kulturvereins österreichischer Roma, betonte in seiner Rede die Bedeutung der Erinnerung für die Roma-Volksgruppe. "Lackenbach ist für uns kein Name aus den Geschichtsbüchern. Er ist ein Ort, der in unserer kollektiven Erinnerung unvergesslich ist", sagte Klippl. Er verwies auf das Jahr 1995, das mit dem Bombenattentat von Oberwart und der Einrichtung des Volksgruppenbeirats zwei einschneidende Ereignisse für die Roma-Volksgruppe markierte. Kritisch äußerte er sich über die mangelnden Fortschritte bei der Umsetzung der EU-Roma-Strategie. Er verwies auf den jüngsten Bericht der EU-Grundrechteagentur, der aufzeige, dass Armut und Diskriminierung gegenüber Roma weiterhin in hohem Ausmaß bestehen. "Das empfinde ich nicht nur als bedauerlich, sondern als zutiefst beschämend."
Die Schülerinnen und Schüler der 6A des Gymnasiums Oberpullendorf beschäftigten sich in ihren Beiträgen mit den von den Nationalsozialisten erlassenen Nürnberger Gesetzen, die vor 90 Jahren – im Jahr 1935 – in Kraft traten, sowie mit den Auswirkungen und der Verfolgung der Roma während der NS-Zeit. „Sie nahmen Jüdinnen und Juden ihre politischen Rechte und erklärten sie zu rassisch minderwertigen Menschen. Auch Roma und Sinti wurden entrechtet, verfolgt, diskriminiert und getötet. Die Gesetze legten den Grundstein für die systematische Vernichtung und millionenfache Ermordung dieser Menschen im Holocaust und Porajmos.“
Mahnendes gemeinsames Gebet
Ein ökumenisches Gebet, geleitet von Superintendent Robert Jonischkeit, Manuela Horvath, Leiterin der Romapastoral, Ortspfarrer Dechant Michael Shinto, Romaseelsorger Pfarrer Matthias Platzer, ehrten die Opfer und rief zu Versöhnung auf.
Die Geistlichkeiten sprachen in ihrer Predigt davon, dass viele Menschen wieder auf der Suche nach Schuldigen nach Sündenböcken sind für alles, was in ihrem Leben schiefgelaufen ist. "Wo uns Hass Zorn und Verhetzung hinbringen kann man am Beispiel des Anhaltelagers hier in Lackenbach und am Schicksal so vieler Menschen der Volksgruppen der Roma und Sinti lernen." Die Bischöfin der altkatholischen Kirche Maria Kubin sendete eine Grußbotschaft, die verlesen wurde.
Am 23. November 1940 wurde in einem ehemaligen Gutshof das „Zigeunerlager Lackenbach“ eingerichtet. Die internierten „Zigeuner“ lebten in Ställen und Scheunen unter primitivsten Bedingungen und mussten Zwangsarbeit leisten. 2.000 von den insgesamt 4.000 im Lager internierten Roma und Sinti wurden im Herbst 1941 in das Ghetto Łódź /Litzmannsdorf und von dort später ins Vernichtungslager nach Chełmno/Kulmhof deportiert und ermordet. 300 bis 400 Häftlinge erlebten im April 1945 die Befreiung durch die sowjetischen Soldaten.
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