Kulturverein österreichischer Roma Dokumentations- und Informationszentrum

Gusen im Wandel - Vortrag über die Geschichte und Zukunft der KZ-Gedenkstätte

Am Dienstag, dem 4. November 2025, hielt der Historiker und Kurator der Gedenkstätte Mauthausen Robert Vorberg im Roma-Doku des Kulturvereins österreichischer Roma einen Vortrag zum Thema „Gusen im Wandel – Geschichte des KZ und Neugestaltung der Gedenkstätte".

Robert Vorberg ist Kurator der KZ-Gedenkstätte Mauthausen und Mitglied der Projektleitung für die Erweiterung der KZ-Gedenkstätte Gusen.

Robert Vorberg ist Kurator der KZ-Gedenkstätte Mauthausen und Mitglied der Projektleitung für die Erweiterung der KZ-Gedenkstätte Gusen.

Der Vortragende strukturierte seine Ausführungen in zwei Hauptteile: die dunkle Geschichte des Konzentrationslagers Gusen sowie die aktuellen Pläne zur Umgestaltung der Gedenkstätte.

Im ersten Teil beleuchtete Vorberg die Geschichte des KZ-Komplexes Gusen, der aus drei Außenlagern des KZ Mauthausen bestand. Das Lager Gusen nahm dabei eine Sonderstellung im nationalsozialistischen Lagersystem ein. Zwischen 1939 und der Befreiung am 5. Mai 1945 wurden mindestens 71.000 Häftlinge aus ganz Europa nach Gusen deportiert, von denen rund 35.000 Menschen aufgrund der Zwangsarbeit in den Steinbrüchen und der Rüstungsindustrie ums Leben kamen. Der Historiker erläuterte auch die wirtschaftliche Dimension des Lagers: Zunächst mussten Häftlinge in den Granitsteinbrüchen arbeiten, später in der Rüstungsproduktion für Steyr-Daimler-Puch und Messerschmitt. Ab 1944 wurde das unterirdische Stollensystem „Bergkristall" errichtet, in dem Teile des Düsenjägers Messerschmitt Me 262 produziert wurden – über 8.000 Häftlinge starben allein beim Bau dieser Anlage.

Im zweiten Teil des Vortrags widmete sich Robert Vorberg der Nachkriegsgeschichte und den aktuellen Neugestaltungsplänen. Anders als das Stammlager Mauthausen entwickelte sich Gusen zunächst nicht zu einem Gedenkort. Das Gelände wurde wirtschaftlich weitergenutzt, später entstand auf dem ehemaligen Lagergelände eine Wohnsiedlung. Um den Krematoriums-Ofen entstand auf Betreiben ehemaliger Häftlinge eine inoffizielle Gedenkstätte mit Gedenktafel und Gedenkstein. Erst 1965 wurde mit dem Memorial Gusen eine offizielle Gedenkstätte errichtet.

Ein besonderes Augenmerk legte der Vortragende auf die jüngsten Entwicklungen und betonte dabei die Bedeutung des partizipativen Ansatzes bei der Neugestaltung. Um von Beginn an eine möglichst breite Einbindung aller regionalen, nationalen und internationalen Interessensgruppen zu gewährleisten, initiierte die KZ-Gedenkstätte Mauthausen einen umfassenden Beteiligungsprozess zur Erarbeitung eines Masterplans mit gestalterischen und funktionalen Richtlinien. Nach einer umfangreichen Grundlagenerhebung starteten die Kommunikationsagentur art:phalanx und heri&salli Architektur im August 2022 mit den Beteiligungsformaten. Interviews – auch mit Überlebenden des Konzentrationslagers Gusen –, Workshops und Informationsveranstaltungen sorgten für Transparenz und eine partnerschaftliche Mitwirkung der verschiedenen Interessensgruppen. Zu ihnen zählten Vertreterinnen und Vertreter der Opfernationen und Opferverbände ebenso wie die regionale Bevölkerung. Die diversen Möglichkeiten, sich aktiv an der Gestaltung der künftigen Gedenkstätte zu beteiligen, wurden sehr positiv aufgenommen. Dieser 18-monatige Prozess bildete schließlich die Grundlage für die Neugestaltung der Gedenkstätte.

Darstellung der Neugestaltung der Gedenkstätte.

Im Juni 2025 kürte eine internationale Jury das Projekt des Wiener Architekturbüros „querkraft" zum Gewinner eines EU-weiten Realisierungswettbewerbs. Das Siegerprojekt überzeugte durch seine sensible Berücksichtigung von Wegeführung, Sichtachsen und die Gestaltung eines neuen Ankunftsgebäudes sowie eines „Raums der Stille". Die Republik Österreich hat zudem mehrere historisch bedeutsame Grundstücke erworben, darunter den Eingang zum Stollensystem Bergkristall, zwei ehemalige SS-Verwaltungsbaracken und den Appellplatz. Bis 2031 soll die erweiterte Gedenkstätte fertiggestellt werden und Gusen zu einem bedeutenden Gedenk- und Bildungsort für die Zukunft machen. Weiter Informationen zu dem Projekt: https://www.gusen-memorial.org/de/Neugestaltung/Film-Gusen-weiterdenken

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